SIKINOS - MAI 2023

Dieses Mal sind wir etwas früher auf Sikinos, jetzt Ende Mai bietet die Insel ein anderes Bild als im Juni bei unserem letzten Besuch, die Natur ist deutlich grüner, Vieles blüht. Wir kommen mit der Dionysios Solomos von Santorini herüber, haben ein Haus in Chorio gemietet, hätten gerne wieder die Unterkunft vom letzten Jahr in Alopronia gehabt, aber dort hinter dem Haus ist eine Baustelle gewachsen, und der Baulärm wäre unerträglich geworden. Ja, selbst die sonst ruhige Insel Sikinos ist vom Bauboom auf den Kykladen nicht verschont geblieben, und wenn man Pech hat kann es sehr ungemütlich werden, auch wenn die Baustelle in diesem Juni schon offenbar stillsteht, den Betreibern ist wohl zur Zeit das Geld ausgegangen, wie uns ein Nachbar erzählt.

Die Aussichten unseres jetzigen Hauses sind von den 3 Terrassen hinüber nach Chora und weiter nach Südosten über Alopronia bis aufs Meer spektakulär, drei Katzen gehören zum Haus, sie werden von unserem Vermieter Kostas mit speziellem Futter versorgt, unsere "Leckerlies" ignorieren sie, sind aber alle neugierig und anhänglich wie Bolle.

Ein wenig schwierig war die Anreise schon, Kostas schrieb uns, er selbst könne uns nicht vom Anleger abholen, er hätte gar kein Auto. Also habe er den Busfahrer beauftragt, uns von der Fähre zu seinem Haus zu bringen. Das hat auch wunderbar geklappt, der grüne Bullibus brachte uns mit einem kleinen Umweg fast bis vor die Haustür, die Tour kostete etwas mehr als die normale Busfahrt, nur von Kostas war am Haus nichts zu sehen, und telefonisch erreichbar war er auch nicht. Was war passiert? Nach einem halben Stündchen kam er mit seinem Moped vorbei, er sei auf der Arbeit aufgehalten worden. Er erzählt: Seit der fertigen Restaurierung des Episkopi, das wir ja schon im letzten Jahr von außen bewundert haben, war er jetzt der ständige Museumsführer vor Ort, der die Besucher fachkundig über die neuerdings auch innen zugängliche Anlage informiert, und gerade eben sei noch ein älteres Besucherpaar vorbeigekommen, die Beiden konnte er doch nicht einfach wegschicken! Sie seien sogar zu Fuß nach Episkopi gekommen und schon über 70! Und Telefonempfang gäbe es dort hinten leider auch nicht. Da müssen wir als seine Mieter halt warten.
Na ja...Das Haus ist sehr geräumig, offenbar lebt Kostas außer im Sommer dort, was natürlich auch sichtbar wird. Viele private Dinge verteilen sich in den verschiedenen Zimmern, es gibt zwei Schlafzimmer mit sechs Schlafplätzen, alle leider sehr eng, und noch zwei Notliegen auf dem Sofa im Wohnzimmer und ein Feldbett. Einige Fensterläden knarzen und sind schon sehr morsch, wir haben die Scharniere erstmal mit Olivenöl aus der Küche geschmiert. Unrat lagert einfach hinter der Gartenmauer oder in den Regalen, aber sonst ist es sehr nett hier. Besonders das Wohnzimmer mit dem Kamin und dem Esstisch ist sehr geräumig und aufgeräumt. Auch wichtig – im Winter.

Zum Einkaufen und fürs Abendessen gehen wir nach Kastro, nur ein paar Schritte den Steinweg hinunter an der alten Schule vorbei, alles sehr ruhig hier, der Minimarkt ist gut sortiert, der Bäcker hat freitags sogar Mavro, die Restaurants wie das Steki tou Garbi und das Klimataria sind noch geschlossen, überall wird eifrig renoviert. Selbst das To Anemelo in der Gasse ist zu, nur das Restaurant Kapari an der Straße nach Alopronia öffnet täglich. Und so lassen wir es uns bei Evgenia und Charis gutgehen, probieren sogar zum ersten Mal den weißen trockenen und sehr erdig schmeckenden Sikinos-Inselwein und beobachten das Treiben auf der Straße.

 Immer wieder beeindruckend ist Kastro im Abendlicht, die terrassierte Landschaft scheint im Meer zu versinken.

Wir machen einen kleinen Streifzug durch unseren Ortsteil Chorio, der eng verwandt ist mit dem Ortsteil Kastro nebenan, zusammen bilden sie ja den Ort Sikinos - oder Chora, und wir bemerken, dass die ständige Bewohnerzahl in Chorio stetig abnimmt. Wo früher noch Familien wohnten, stehen heute die Häuser leer, nur wenige sind noch von Älteren bewohnt, die sich wohl auch um die vielen Katzen kümmern.

Die meisten Häuser wurden zu Sommerresidenzen ausgebaut, in die erst ab Juli kurzzeitig Leben einzieht. Außer der Kirche Agios Vasilios und der Kapelle Theotokos gibt es nichts zu erkunden, keine Geschäfte, keine Restaurants. Aber von hier beginnt ein wunderbarer Wanderweg – an der Ag. Vlasis Kapelle vorbei – die Terrassen hinunter, bis man wieder auf die Straße oberhalb von Alopronia kommt.

Auch Alopronia scheint noch im Winterschlaf zu liegen. Der Info-Screen am Anleger ist wohl nicht so wichtig, dass man ihn reparieren müsste, das Marconi Café öffnet gerade seine Theke, während ein paar Leute schon den Dorfstrand belagern und die ganz mutigen die kühle Wassertemperatur austesten. Die Taverne Meltemi ist verschlossen, man sagte uns, der Besitzer sei wohl jetzt verstorben, nur das Porto Sikinos Restaurant läuft wie eh und je mit bodenständiger griechischer Küche, und Flora versorgt das Dorf mit ihrem Supermarkt, den Fremdenzimmern und auch mit ihrer Autovermietung, der Peugeot für 25 Euro pro Tag.

Das Auto ist gut in Schuss und so machen wir – dieses Mal nicht zu Fuß – einen kleinen Ausflug zum Episkopi, das wir ja schon 2014 im nicht restaurierten Zustand besichtigt haben. Jetzt nach der großen Restaurierung, die 2022 großartig mit einem Festakt abgeschlossen wurde, ist das Heroon und die Anlage täglich außer dienstags von 9:00 bis 14:00 und von 17:00 bis 20:00 Uhr zu besichtigen, und wie gesagt, unser Vermieter Kostas gibt vor Ort zu den Besichtigungszeiten gerne Führungen und informiert fundiert speziell auch auf Englisch über das jetzt zu besichtigende Innenleben, denn bis dahin war die Anlage ja verschlossen.
Im Innenraum sind Reste der ursprünglichen Wanddekoration erhalten geblieben, im Jahr 1688 wurde aus dem Mausoleum ein Kloster, und die Kirche erhielt damals ihre hölzerne Ikonostase. Obwohl das Denkmal seit der Antike geplündert worden war, wurde bei den jüngsten Restaurierungsarbeiten das nicht geplündertes Grab einer prominenten Frau entdeckt, das in die südöstliche Ecke des Denkmals „eingebaut“ und gut versteckt in einer besonderen Nische untergebracht war, links unten neben der Ikonostase. Das Grab scheint mit dem weiblichen griechischen Namen Neiko in Verbindung zu stehen, der auf einem in die Wand eingravierten Grabepigramm erwähnt ist. Die Grabfunde deuten darauf hin, dass es sich um eine besondere Person gehandelt haben müsste. Leider sind die Grabfunde nicht vor Ort zu besichtigen.

Ein kleines Detail: auch die Außentür, durch die ich 2014 heimlich das Innere fotografieren konnte, wurde nun ersetzt. 
Hier nochmal die Fotos von 2014:

Die Originaltür lagert nun in einem der Nebengebäude, gleich neben der kleinen Kapelle Agia Anna, in der auch Reste von wunderbaren alten Fresken zu besichtigen sind. Also – ein Ausflug dorthin lohnt allemal.

Aber nicht nur Episkopi, natürlich ist auch das Kloster Zoodochos Pigi immer wieder einen Ausflug wert. Nach einem kühlen Badetag am Ag. Georgios Beach – ja, auch Ende Mai ist das Wetter auf den Kykladen in diesem Jahr noch recht unbeständig -  muss ein Besuch des Klosters einfach wieder einmal sein – zu einem der magischsten Orte der Kykladen.

Der Abschied von Sikinos fällt uns auch dieses Mal nach einer Woche Aufenthalt nicht leicht, eine Woche, die verging wie im Fluge. Ja, es gibt sie noch, die ruhigen Inseln der Kykladen, die auch noch im Mai oder Juni vom Massentourismus verschont geblieben sind. Und so verlassen wir stilvoll die kleine Insel mit der Dionysios Solomos, anstatt in einem der Highspeedfähren zur nächsten Insel zu flüchten.

RICHIS KYKLADENFIEBER