SIKINOS - JUNI 2014

Die Wolken, die wir von Anafi mitgenommen hatten, sind noch nicht ganz verschwunden, als wir mit der Aqua Spirit auf Sikinos im Hafenort  Alopronia anlegen, der doch immer wieder gemütlich daherkommt, nach Stopps in Naxos und Santorini. Bewusst hatten wir uns für die griechischen Pfingsttage diese kleine Insel ausgesucht, und die Entscheidung war genau richtig. Denn auch über die Feiertage blieb die Zahl der Touristen und griechischen Besucher überschaubar. Ziel war dieses Mal die Pension Galini, die wir uns zuvor schon einmal angeschaut hatten, günstig in Hafennähe und sehr ruhig gelegen. Und so steuerten wir den bekannten Tasos an, der bei jeder Schiffsankunft mit seinen beiden Mulis am Hafen steht - unübersehbar mit seinem imposanten Schnäuzer, bekannt noch aus den ersten Michael Müller Kykladenführern, er ist der Typ mit dem Kopftuch, der die Touristen per Kaiki in die entlegensten Badebuchten fährt. Heute hat sein Sohn Dimitrios diesen Job übernommen.

Eigentlich hatten wir ja geplant, in Sikinos Chora zu wohnen, aber wegen der etwas widrigen Wetterverhältnisse und der eher spärlichen Versorgungslage dort blieben wir lieber unten im Hafenort Aloprónia. Floras Supermarket hat wirklich ALLES was man braucht, das Brot kommt zwar oben von Chora, aber falls das alles nicht reicht ist man zur Not auch zu Fuß schnell am nächsten Schiff und weg. Es ist übrigens eine Tradition auf Sikinos, dass beim Ablegen der Fähren alle möglichen Leute plötzlich wie von der Tarantel gestochen dem Schiff hinterherlaufen und ins Hafenbecken springen, quasi als Abschiedsgruß.

Nun, sonst ist hier nicht viel los, auch zum griechischen Pfingstfest nicht. Die Männer holen die alten Holzkugeln heraus, und spielen so eine Art Pétanque, allerdings nicht mit Metall- oder Steinkugeln (wie es zum ersten Mal wohl bei den Griechen 460 v.Chr. erwähnt wurde), sondern die Wurfkugeln sind aus Holz geschnitzt und bunt bemalt. Die Spielregeln sind offenbar die gleichen, eine kleine Zielkugel wird zuerst geworfen, mit den eigenen Kugeln muss man möglichst nah an diese gelangen oder die gegnerischen Kugeln wegstoßen.

Sport macht hungrig, allerdings wird kulinarisch nicht sehr viel geboten. Das Meltemi hatte noch geschlossen, man trifft sich entweder im Restaurant von Lucas (herrlich, das Schweinfleisch in Zitronensauce), im Ostella Café mit Blick über den Strand, oder hoch über dem Hafen im (Vrachos) Rock Café bei Pablo, mit wunderbarem Blick auf den Anleger. Hier gefällt es uns besonders gut. Pablo bietet neben Pizza auch Salate und Pasta. Ein wunderbarer Ort zum Entschleunigen. Und Pablo ist auch Musiker, oft gibt es Livemusik mit Freunden. So sitzen wir hier bis tief in die Nacht bei Pizza, Pasta, Café, Katzen, Musik und Meer. Nein, nicht Katzenmusik.

Auf den Kykladen hatte es Ende Mai/Anfang Juni stark geregnet, deshalb blühte auch der Thymian so üppig. Nun aber ist das Wetter wieder besser, und so starten wir einen erneuten Versuch, das Heróon/Episkopi auf der anderen Inselseite aufzusuchen. Es handelt sich um ein römisches Grabmal, das später als Kirche diente, in das die EU in den letzten Jahren 300.000,- Euro investierte. Restauriert wurde es dafür aber nicht, es wurde ja nicht verputzt oder angemalt, es sieht ja noch genauso aus wie von ein paar tausend Jahren. Und es schmückt als Sikinos-Logo die Gemeindefahrzeuge.

Jedenfalls ist es uns bei vorherigen Sikinos-Besuchen schon zweimal wettertechnisch nicht gelungen, dieses Bauwerk zu besuchen. Dabei ist es eigentlich ganz easy. Die Gemeinde hat als kleinen Extrabus einen VW Bus angeschafft, der in der Vor- und Nachsaison bei geringem Fahrgastaufkommen eingesetzt wird. Das erhöht zusätzlich die Kommunikation der Fahrgäste untereinander, so lernt man sich schneller kennen.

Also, los geht es von Floras Supermarkt bis nach Chora/Kastro, wo wir uns einen kurzen Rundgang natürlich nicht verkneifen können, zumal der Himmel wieder Kodak-blau ist und die Chora dann schon ihre ganz besonderen Reize hat.

Nun wird es aber doch Zeit, dass wir uns auf den Weg zum Heróon machen. Wir folgen einfach der Straße nach Südwesten, den Schlenker durch Chorio sparen wir uns dieses Mal. Schon von der Straße ist die Aussicht genial, wir folgen ihr ein halbes Stündchen bis zu dem Wegweiser des alten Monopati zum Heróon/Episkopi. Diesen sollte man allerdings nicht verpassen, denn sonst kann man schon mal im Nirwana der Südwestküste landen. Wenn man ihn dann gefunden hat, befindet man sich auf einem der schönsten Spazierwege der Kykladen. Wer möchte, dem wird auch noch die Inseldurchquerung nach Alopronia angeboten, oder der noch weitere Weg dann zurück nach Chorio. Fast ohne Steigung gehen wir gemütlich am Hang entlang, fast eine Stunde lang, lassen Chora mit dem hochthronenden Kloster Zoodochou Pigi zurück, bei einer Aussicht, die ihresgleichen auf den Kykladen sucht, mit Blick auf Paros, Antiparos, Sifnos, Kimolos und über Kardiotissa hinweg zum nahen Folegandros.Der Weg ist gut markiert, ein Verlaufen kaum möglich. Eine gute Empfehlung für Wandermuffel, die sich aber doch noch etwas bewegen möchten, nur nicht bergauf.

So erreichen wir - fast schon zu schnell - unser Ziel. Schon oft haben wir das Bauwerk von der Fähre aus gesehen, wenn wir von Folegandros kamen und Sikinos passierten. Nun haben wir den Blick einmal anders herum, von dem Hang, von dem man auch auf die Südostküste blicken kann. In den letzten Jahren hat die EU hier Restaurierungen machen lassen, wovon wir allerdings nicht viel merken. Das Heróon selbst ist leider verschlossen, durch einen Türspalt kann ich mein Kameraobjektiv stecken und so einen Blick in das Innere werfen. Das römische Grabmal ist hier in der kargen Landschaft schon ein imposantes Baudokument, wenngleich es auch Wind und Wetter ausgesetzt ist und  daher ziemlich marode aussieht. Die Fassade ist wohl noch im Original erhalten, der hintere Gebäudeteil wurde dann später als Kirche ergänzt.

Wir machen uns auf den Heimweg, dieses Mal laufen wir die Straße zurück, um auch noch einen Blick auf die Weinfelder von Manalis Winery und die vorgelagerten Kapellen zu werfen. Leider auch alles zu. Mittagspause. Und morgen werden wir uns mal dem Kloster Zoodochou Pigi zuwenden. Etwas später, im Abendlicht. Wahrscheinlich hat das dann auch geschlossen. 

RICHIS KYKLADENFIEBER