Um es gleich vorweg zu nehmen: Diese zwei Kyladenwochen waren fantastisch. Alle Befürchtungen haben sich als unbegründet herausgestellt, und auch die Bedenken einer bekannten Nissomanin Anfang
Oktober: „Und ihr wollt wirklich in der zweiten Oktoberhälfte auf die kleinen Ostkykladen? Die Saison wurde eigentlich jetzt schon überall beendet, wenn sie es nicht schon war...“ haben sich
nicht bewahrheitet. Die Herbstferien in NRW und Frankreich haben einiges dazu beigetragen.
Auch die Inselgriechen waren erfreut, dass Touristen kamen, von deren Ängsten vor durch uns eingeschleppter Corona habe ich wenig bemerkt.
Allerdings fängt unsere Reise nicht ganz so gut an. Eurowings zeigt den Flugstatus DUS-ATH einen Tag vor Abflug mit 1.440 Minuten Verspätung an. Ich mag es kaum glauben, aber plötzlich haben die
Fluglotsen in Athen beschlossen, an unserem geplanten Abflugtag am 15.10.2020 zu streiken, für 24 Stunden. Kurz gerechnet: 1.440 Minuten. Dabei war von unserer Seite alles so genau geplant.
Den eigentlich für Juni gebuchten Flug hatte ich auf Mitte Oktober umgebucht, in der Hoffnung, dass dann Corona so langsam die Segel gestrichen hätte, und dass dann auch die Fluggesellschaften
mit den Corona-Maßnahmen vertraut wären. Eine Reise für Juli wäre auch denkbar gewesen, obwohl da war doch die Befürchtung, dass die Gesundheitssysteme auf den Kykladen in den Schulferien die
Touristenmassen nicht bewältigen würden, ausprobieren sollten das besser andere. Eine Befürchtung, die sich jedoch als unbegründet erweisen sollte, und sich so im Juli eine gewisse Sehnsucht
einstellte, ich will hier nicht von Neid sprechen. Aber nun war der Oktober ja da, und der Streik der Fluglotsen machte daher einige Umbuchungen notwendig, z.B. musste das PLF-Formular geändert
werden, die Weiterreise von Athen – die Tickets waren schon gekauft – und auch die ersten Unterkünfte wurden mit neuen Ankunftsterminen versorgt.
Um ganz sicher zu gehen, und um einen positiven Test am Athener Airport zu vermeiden, haben wir uns in Deutschland vorab negativ testen lassen, auch um vorzusorgen, nicht in einem griechischen
Coronahotel für vierzehn Tage in Quarantäne eingesperrt zu werden. Die Bedenken waren schon groß. Dass der Test durch den Streikverzug bei der Einreise dann älter als 48 Stunden war, egal,
solange musste Corona einfach warten, er war ja auch nur zu unserer eigenen Sicherheit. Und so fieberten – äh – warteten wir in der Abflugnacht sehnsüchtig auf den QR-Code mit der darunter
stehenden Codenummer, die offenbar Auskunft darüber gibt, ob man in Griechenland getestet wird oder nicht. Es hatte sich mittlerweile herumgesprochen, dass wenn die zehnstellige Zahl unter dem
Code mit einer geraden Zahl wie 4 beginnt, man nicht getestet wird, bei einer ungeraden wie 7 schon.
Die Erleichterung war groß, als wir die 4 erblickten, und so konnte es unbeschwert losgehen, allerdings doch etwas verwundert über den lebhaften Betrieb am Flughafen – es waren halt Herbstferien
und viele Familien bevorzugten Kos und Korfu noch als eines der wenigen risikofreien Reisegebiete. Einen freien Mittelplatz im Flieger hatte ich vorsichtshalber auch noch dazu gebucht, nicht ganz
billig, aber wir wollten ja auf Nummer sicher gehen, was für den Hinflug verschenktes Geld war, denn der Flieger nach Athen erwies sich nach dem Streiktag als nur zu einem Drittel belegt.
Für den Rückflug war der freie Mittelsitz dann doch eine Wohltat, der Rückflug war fast ausgebucht. Aber so weit sind wir ja noch nicht.
Der Flug verläuft angenehm ruhig, mit FFP 3 Maske ausgerüstet nicht ganz komfortabel, aber es geht, und auch hier im Flieger gibt es einige Zeitgenossen, die denken, die Corona-Regeln gelten
nicht für sie, nuckeln stundenlang ohne Maske an ihrem Kaffee herum und ignorieren die Hinweise des Kabinenpersonals. Ein etwas härteres Durchgreifen wäre angebracht. Vorbildlich dann das
Aussteigen: Reihe für Reihe mit Abstand, um dann dichtgedrängt im Flughafenbus zu stehen, der uns zum Corona-Testcentrum fährt. Wer denkt sich so etwas nur aus?
Wir passieren das Corona-Testcentrum, wo wir glatt zum Ausgang durchgewinkt werden, haben nun ein paar Stunden Zeit bis zu unserem Weiterflug und schauen uns im Airport um. Die Schlange der
wartenden Taxis am Ausgang 3 scheint endlos lang, ziemliche Flaute, es gibt neue Flat-Tarife: 35 Euro bis nach Athen, 49 Euro in der Nacht, gut zu wissen für unsere Rückreise. Und es gibt
neuerdings sogar ein Corona-Testcentrum auf der Ankunftsebene zwischen Ausgang 2 und 3, an dem jeder einen PCR Test machen lassen kann, für 70 Euro, das Ergebnis soll spätestens nach 24 Stunden
aufs Smartphone kommen, vielleicht nützlich, falls Griechenland doch noch zum Risikogebiet erklärt wird.
Unsere Route beginnt mit einem Weiterflug in der Sky Express-Maschine nach Naxos, eine Stop-Over-Übernachtung dort und mit der Weiterfahrt auf der Skopelitis zu unserer ersten kleinen Kyklade:
Koufonissi.
Der Flug nach Naxos ist pünktlich aber voll, wir sitzen auf der falschen Seite und können im Gegenlicht nur die Windkraftinsel Agios Georgios erkennen, erahnen Serifos oder Sifnos, so genau sieht
man das nicht, aber was für ein Luxus, in 40 Minuten von Athen nach Naxos zu kommen! Oft sind wir in all den Jahren nicht per Flugzeug nach Naxos gekommen, doch der Flughafen und besonders die
Gepäckausgabe sind schon eine Flugreise wert.
Despina erwartet uns in ihrem Apollon Hotel in Naxos, wir sind die einzigen Gäste. Bei unserem letzten Aufenthalt hatte ich festgestellt, dass sie am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich, wir sind
gleich alt, und seitdem verbindet uns eine gewisse Sympathie: „Im nächsten Jahr müsst ihr kommen, da feiern wir groß unseren runden Geburtstag! Ach, ich war gerade schwimmen, an der Portara, mit
einem Freund. Jetzt im Oktober ist das Wasser noch warm, und durch Corona haben wir endlich Zeit, auch das Baden zu genießen. Hier auf Naxos gibt es kein Corona, aber informiert euch im Internet,
auf manchen kleinen Inseln wie Folegandros oder Sikinos soll es sehr schlimm sein.“ Ja, ja, immer die Anderen!
Zimmer vermietet sie zur Zeit nur noch sporadisch, nur um die laufenden Kosten für das schöne Hotel zu decken. Sie rät uns: „Geht schwimmen, esst Fisch und Salat, und genießt das Leben, so
einfach ist das“. Unser Streifzug – mit Schutzmaske durch die engen Gassen der Chora führt uns zum Schmuckdesigner Nassos in sein Atelier, den wir jedes Mal aufsuchen. Er lebte von 1979 bis 1091
in Paris, wo er mit namhaften Designern zusammen arbeitete und somit die Welt auch außerhalb von Naxos kennt. Auch er macht einen ganz entspannten Eindruck: „Es ist ruhig dieses Jahr, nicht
so viel Rummel wie sonst, die Menschen hier besinnen sich wieder auf sich selbst, das hektische Treiben fällt aus. Gut, wir verdienen nicht so viel wie sonst, aber es reicht, für die Miete, fürs
Essen. Was will man mehr? Wir sind zufrieden. Vielleicht hat Corona in dieser Hinsicht auch etwas Gutes.“
Am Abend schlendern wir die Paralia entlang, die Blue Star Delos glänzt in der untergehenden Sonne, viele Lokale haben noch geöffnet, ein paar schon dicht gemacht.
Wir entscheiden uns für das Boulamatsis, nicht viel los, ein Tisch in der ersten Reihe auf dem Balkon ist noch frei, aus der Ouzerie „To Steki tou Valetta“ schräg unter uns schallt Livemusik
herüber, Kykladenfeeling macht sich unweigerlich breit.
Allein für dieses Gefühl, so sind wir uns einig, hat sich die Reise bis hierhin schon gelohnt.