Morgens um 7:00 Uhr ist die Welt noch in Ordnung, Anfang Juni. Meistens jedenfalls.
Aber nicht mehr um 7:01 Uhr. Plötzlich stehen wir senkrecht im Bett. Es ist wie ein Alptraum. Eine Herde wilder Ziegen rauscht mit lautem Gebimmel durch unser Schlafzimmer, in einem Meter
Abstand. Na gut, nicht ganz.
Wild sind die Ziegen nicht, und zwischen ihnen und unserem Bett ist noch die Außenwand. Aber immerhin.
An Schlaf ist nicht mehr zu denken, und ich hätte nie gedacht, dass eine Ziegenherde solch einen Lärm verursachen kann. Dabei hat noch nicht einmal die Hälfte von ihnen überhaupt eine Glocke
umhängen. Bei 50 habe ich aufgehört zu zählen, es sind etliche mehr. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, die Herde wandert weiter durch das wilde Manganari Tal. Trotzdem ist die Nacht
für uns vorbei, zumal Dimitris schon anfängt sein Unkraut zu jäten, mit der Hacke. Selbst das wirkt hier in der Stille störend. Hack, hack, hack. So gibt es halt ein frühes Frühstück, nicht in
der Taverne, sondern selbstgemacht auf der Terrasse, mit frischem Orangensaft. Denn wir haben ja einen Kofferraum, und die Orangen sind preiswert auf Ios, mit ca. einem Euro pro Kilo.
Eine Ortserkundung steht heute an, nachdem wir ja gestern erst angekommen sind. Adonis, unser Wirt, macht den Strandservice und wechselt die Mülltüten. Jede Taverne hat ihren eigenen
Strandabschnitt mit Liegen, seine dürfen wir natürlich frei benutzen, wie er großzügig mitteilt. Obwohl, wir werden das Angebot nicht annehmen.
Mir ist bis heute nicht klar, wieso man spezielle Liegen benötigt, um Schwimmen zu gehen oder sich in die Sonne zu legen. Und dann noch so in Reih und Glied. Wir suchen uns lieber einen
naturbelassenen Strandabschnitt, haben Badetuch und Sonnenschutz dabei.
Viel los ist nicht auf den Liegen, im Grunde genommen liegt dort kein Mensch. Und das im Juni. Wir wandern die beiden großen Sandbuchten von Ost nach West ab und inspizieren
die schönsten Badestellen.
Ganz am Ostrand befindet sich Christos Taverna, sie ist allerdings noch geschlossen, aber die Strandliegen sind schon mal aufgebaut. Auf dem Hügel dahinter, von der kleinen Ag. Nikolaos Kapelle aus haben wir einen fantastischen Ausblick über die Bucht mit ihren 3 großen Tavernen. Vorn wie gesagt Christos, dann ziemlich in der Mitte liegt Venus und weiter hinten Antonios. Die Rooms der Tavernen liegen ein Stück versetzt im Hinterland. Christos Taverna war übrigens Drehort für die Strandszenen im Taucherfilm „Im Rausch der Tiefe“ von Luc Besson, der ja zum größten Teil 1988 auf Amorgos gedreht wurde.
Ein wenig erschreckend ist es schon, wenn man die Kapazitäten in den Tavernen und die Anzahl der Strandliegen sieht. Für irgendjemand werden sie schon dort sein. Ein paar wenige Badegäste
genießen das klare Wasser und den tollen weißen Sand, die Liegen werden aber gemieden. Man will ja nicht der erste sein. Ob es im Juli dort auch wohl „Reservierungen per Badetuch“ geben wird?
Viele Gäste werden per Badeboot oder mit dem Quad zu einem Tagesausflug kommen. Nur Not gibt es auch einen Bus, der fährt allerdings jetzt noch nicht. Eine kleine Landzunge trennt die beiden
großen Buchten, landschaftlich sehr reizvoll mit dem Dünengras und den vorgelagerten Felseninselchen (dessen Namen mir allerdings zur Zeit entfallen sind ;-)
Wir schlendern die Buchten ab, ganz im Westen scheint es noch eine vierte kleinere Taverne zu geben, die scheint aber zur Zeit auch noch nicht auf zu haben.
Am Ende der Bucht, bei einem kleinen Steg, führt ein Pfad über die nächste Landzunge zu zwei weiteren beschaulichen Buchten. Die erste gehört wohl zu einer Bungalow-Anlage inkl. Tennisplatz. Die
zweite jedoch liegt sehr idyllisch, hier lassen wir uns für einen Badetag nieder. Ein perfekter Ort für einen Tag am Meer. Ein Tag, den wir mit einem gegrillten Kalamar in Adonis Taverne
ausklingen lassen. Was gibt es Schöneres?
Obwohl, ein wenig gummihaft ist er schon, und die Füllung erinnert doch stark an einen griechischen Salat.
Am nächsten Morgen, an dem wir unsere Ziegenherde schon fast vermissen, Dimitris uns aber dennoch um 8 im Gemüsebeet mit seiner Hacke weckt, nehmen wir mal die „Skymap“ zur Hand, die uns unser Autovermieter Kostas in die Hand gedrückt hat, und auf der er rigoros schon mal angedeutet hat, dass wir auf keinen Fall die Abkürzung vom Mylopotas Strand nach Manganari nehmen sollen! Die Karte ist nicht schlecht, sie zeigt die wichtigsten Wege und auch die Namen der einzelnen Badebuchten. Und da wir auf Ios keine größeren Wanderungen geplant haben, muss die Karte reichen.
So machen wir uns per Auto auf den Weg, um die nähere Umgebung von Manganari unsicher zu machen, mit dem Ziel Kalamos. Von der Straße aus haben wir noch einmal einen guten Überblick über
Ma(n)ganari und seine vier Buchten.
Das Kalamos Kloster ist eher unspektakulär, eine Kirche, ein paar Pilgerzellen, das Gelände ist verschlossen.
Von hier führt eine Erdpiste hinunter zum Kalamos-Strand, den wir von hier oben recht gut einsehen können. Allerdings stellt sich der Weg für unseren „Micra“ als ungeeignet heraus, und zum Laufen sind wir zu faul, wir haben ja schließlich ein Auto.
Aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Im Süden von Ios gibt es eine Reihe sehr schöner Strände. Ganz in der Nähe des Manganari, dort wo die Straße nach Chora beginnt, unterhalb der kleinen Kirche Agia Trias (Heilige Dreifaltigkeit) finden wir die „Tris Ekklisies Bay“, das ist Grenglisch und soll heißen: die "Drei Kirchen Bucht".
Der Strand ist sehr beschaulich, es gibt sogar einen Schattenbaum, und die Aussicht auf ein nicht ganz so kleines Segelschiffchen. Man schaue nur einmal die Proportionen des heran nahenden
Beibootes oder des anderen Segelschiffs rechts davon an. Aber, solange sie uns in Ruhe lassen. Ein Strand, der auch gut zu Fuß von Manganari erreichbar wäre.
Der Hunger treibt uns am Abend zurück. Wir lassen den Tag diesmal in der Taverne Venus ausklingen, im letzten Sonnenlicht, das noch von ein paar Badegästen beim Bier genossen wird. Die Location neben dem Palmengarten hat schon etwas Exotisches...
...exotisch wie die Bebauung in der Nachbarschaft auch. Da bleiben wir doch lieber auf unserer Terrasse und lassen die Strandtage mit leichtem Mückensurren ausklingen. Zum Glück haben wir ja den Mückenschutz vor der Tür. Welch ein Luxus!