Eigentlich möchte ich ja gar nicht, dass dieses hier irgendjemand liest, eigentlich schreibe und fotografiere ich ja nur für mich selbst, und höchstens noch
für die, die die Inseln kennen, denn eigentlich möchte ich gar nicht, dass noch mehr Leute auf die Kykladen reisen, meine Berichte waren ursprünglich mal als Winter-Überbrückungshilfe für
Kykladensüchtige wie mich gedacht, nach dem Motto „Ach ja, das kenn ich…“!
Aber komischerweise zieht es plötzlich Hans und Fränzi auf die kleinen Inseln im blauen Meer. Wo sind die vielen Leute eigentlich früher hingefahren? Portugal und Spanien sind doch immer noch
sehr schön! Egal, es ist eben so, und irgendwie bezweifle ich auch, dass ich für die vermehrte Touristenschar verantwortlich bin, ich rede es mir jedenfalls ein, denn die meisten, auf die
wir unterwegs treffen, sprechen gar nicht Deutsch, und wenn, dann kennen sie meine Berichte gar nicht, denn welche Nichtsahnenden kommen schon auf die Idee nach „Kykladenfieber“ zu googlen? Also,
alles gut! Oder?
Hat eigentlich schon jemals jemand herausgefunden, warum der Salon auf dem Oberdeck der Skopelitis immer zugesperrt bleibt? Auch wenn die Fähre völlig überfüllt ist und man die Überfahrt stehend
auf der Treppe verbringen muss, der Salon ist immer zu, obwohl doch ein Blick durch die halbblinden Scheiben eine schöne Sitzgruppe versprechen würde. Egal, denn voll ist es eh nicht auf unserer
Abendfahrt nach Amorgos, von Donousa über Aegiali nach Katapola.
Und endlich gewährt die Fahrt uns mal einen schönen Blick auf das Monopati vom Levrossos zum Psili Ammos Beach bei Aegiali, wo noch die letzte Abendsonne die Liebenden bescheint.
Wobei es dann doch immer wieder erstaunlich ist, an welchen Hängen die Griechen noch Baugrundstücke ausmachen, auch am Hang unterhalb des Aegiali-Hotels. Hoffen wir mal, dass bei der nächsten
Umweltkatastrophe alles gut geht, aber auf den Kykladen regnet es ja sowieso nie und Erdbeben gibt es in der Ägäis auch nicht, höchstens mal auf Santorini, und das ist weit weg und lange her. Und
irgendwo müssen Hans und Fränzi ja demnächst auch übernachten können.
Der Ort Aegiali sieht im Abendlicht vom Schiff viel attraktiver aus als er in Wirklichkeit ist, was der Kapitän der Skopi Janis Fostieris wohl nicht so sieht, aber das liegt wohl eher an der
tiefstehenden Sonne. Viel Verlade-Traffic gibt es am Anleger dann auch nicht mehr.
Wir gleiten weiter die Küste entlang, an Potamos vorbei, durch die Meerenge zwischen Agios Pavlos und Nikouria, vorbei an einer fast verwunschen wirkenden schroffen Landschaft, um zum Sonnenuntergang in die Bucht von Katapola einzulaufen.
Das Herz pocht, wenn hinter der sich senkenden Ladeklappe der Schriftzug „To Kamari“ erscheint, und Thomas so tut, als hätte er uns schon erwartet, um uns eins seiner Mietautos anzudrehen. „Wie
lange kennen wir uns schon? Inzwischen sind meine Haare grau geworden…“ und nimmt sage und schreibe 18 € für den Suzuki pro Tag. Ich soll´s aber nicht weitersagen. Tu ich auch nicht.
Inzwischen erstrahlt der Ortsteil Rachidi im Abendlicht, und oben auf dem Weg zur Chora präsentieren sich Katapola und Xylokeratidi von ihrer feierlichsten Seite. Und Chora sowieso.
Die Sonne meint es gut mit uns, nachdem am nächsten Morgen die Chora-üblichen Wolken weggezogen sind. Niko versorgt uns wie immer in seinem Supermarkt mit den nötigen Frühstücksutensilien, die alten Mietautos, die am Ortsrand immer noch auf ihre Auferstehung warten, rosten weiter vor sich hin. Ein schändlicher Anblick an diesem schönen Ort und Morgen, und nach dem Motto „wer rastet der rostet“ suchen wir das Weite und machen uns auf nach Vroutsi, zu einer kleinen Wanderung auf dem Weg Nr. 3, Richtung Arkesini. Beginnend beim Kafenion Klimataria geht es durch den alten Ortskern hinunter zum Wanderweg, der fast ohne Steigung schöne Ausblicke auf die Ioannis Apokefalisthis Kirche vor Alt Arkesini und über die Ägais bis nach Keros und Naxos offenbart.
Gefeiert aber werden die Abende vorzugsweise in Chora, bei Musik wie in alten Zeiten. Und wenn Einige glauben, ihr Glück nur auf einer Insel festmachen zu müssen: Auch hier auf Amorgos könnte es gelingen, oder auf Anafi, Schinoussa, Koufonissi oder Folegandros, ach Leute, die Inseln sind so schön!
Giannis im Kath´odon und Adonis im Kastanis greifen nach dem Essen ihre Instrumente, während die Interessierten sich über den Stand der Dinge in Sachen Windkraftanlagen informieren, ein großes Thema, das auch die deutsche Presse schon vernommen hat.
Neuer Tag, neues Glück, was wäre ein Amorgos-Aufenthalt ohne den Besuch der Sehenswürdigkeiten und der östlichen Inseldörfer? Wir starten von Chora aus, kontrollieren, ob das Kloster Chozoviotissa noch an seinem Platz klebt und freuen uns, den Abt Spiridonis unterhalb des Klosters persönlich anzutreffen, für ein Foto ist er immer zu haben, sehr nett, auch ihn kennen wir nun schon so viele Jahre.
Aegiali ist ja wie bereits gesagt nicht so mein Lieblingsdorf, und es macht es mir auch nicht leicht, mein Urteil zu revidieren, immer neue dubiose Einrichtungen entstehen, deren Sinn sich mir irgendwie nicht erschließt. Muss ja auch nicht, wir fahren da lieber hoch nach Tholaria und werfen einen kurzen Blick ins Kafenion Kali Kardia, wo man nicht genau weiß, sitzen die da noch von gestern Abend da oder heute schon zum Frühstück.
Langada liegt dann tatsächlich schon im Mittagsschlaf, und nicht einmal die sonst üblichen Katzen lassen sich in den Gassen blicken.
Für uns ist der Tag noch lang, die Luft nicht zu heiß, wir wagen noch eine kleine Wanderung. Unser Ziel sind die Mühlen oberhalb von Langada, per Wanderweg Nr. 9 zu erreichen. Vorbei geht es an der Pension Amaranto in Langada, die jedoch noch trotz Mitte Juni verschlossen ist, der Weg geht steil bergauf und nach und nach breitet sich ein spektakuläres Panorama vor uns aus, bevor wir die Mühlenruinen in Sichtweite erleben. Ganz hinauf schaffen wir es nicht, aber dennoch ein sehr empfehlenswerter Weg!
Was fehlt uns jetzt noch zum Glück? Richtig, ein Abend in Katapola darf zum Ende unseres Amorgos-Aufenthalts natürlich nicht fehlen. Erato, die Muse der Lyrik, des Gesangs und des Tanzes, eine Tochter des Zeus, bewacht immer noch die Bucht von Katapola, und ich weiß nicht, ob es ihr wirklich recht ist, dass inzwischen Luxusyachten den Hafen anlaufen, die fast schon die Größe der Skopelitis einnehmen. Eine davon gehört zu einem Filmteam, das Werbeaufnahmen für eine spanische Modekette macht, und das sich u.a. das Kafenion von Prekas als Location ausgewählt hat. Der ganze Ort wird aufgemischt, und etliche parkende Autos müssen entfernt werden. Wichtig, wichtig, diese Filmleute! Auch wir genießen den Blick von Xylokeratidi aus der Moon Bar auf Katapola, nehmen dann doch unser Abendessen im Akri zu uns, mit Blick auf den nigelnagelneuen Rettungswagen, den inzwischen jede Kleine Kyklade bekommen hat, und der dem Gesundheitswesen auf den Inseln sicherlich gut tut, allein um Kranke problemlos auf das nächste Schiff zu bringen.
Es muss ja nicht gerade die „Mia Zoi“ sein, ja, es gibt nur ein Leben, und das ein Leben lang. Wir wählen da für unsere Abfahrt am nächsten Morgen die etwas schlichtere Variante und verabschieden uns von Amorgos standesgemäß auf der Skopelitis, mit einer Träne im Knopfloch, aber wir werden bald wiederkommen.