Mehr als dreißig Jahre lang war er Schwammtaucher, der Giannis aus Kalymnos, ein Knochenjob wie er sagt, und gefährlich war es auch. „Jedes Jahr im Mai fuhren wir für sechs bis sieben Monate in die Schwammgebiete vor der afrikanischen, italienischen oder türkischen Küste und tauchten bis in neunzig Meter Tiefe. Eine aufregende aber auch harte Zeit, sogar die Los Angeles Times hat schon über uns berichtet,“ erzählt er. Das ist heute vorbei, heute steht er mit seinem Verkaufsstand im Hafen von Lipsi, wo wir ins Gespräch kommen, die alten Bilder anschauen, die er neben seinen Stand gepinnt hat, und wir ein paar Mitbringsel für unsere Freunde kaufen. Billig sind seine Schwämme nicht, und es gibt unterschiedliche Qualitäten, je nach Porigkeit und Herkunft. Daher bin ich einigermaßen gespannt auf die Insel der Schwammtaucher, Kalymnos, die wir nach unserem Aufenthalt auf Ikaria anlaufen, um am nächsten Tag weiter zur Insel Nisyros zu gelangen.
Als Hotel haben wir uns das Panorama ausgesucht, es liegt ungefähr fünfzehn Gehminuten vom Anleger entfernt, etwas erhöht und weit genug hinter der Hafenstraße, sehr ruhig gelegen, und vom Balkon
haben wir einen wunderbaren Blick über ganz Pothia und das Meer.
Um die zeitraubende Suche nach einem vernünftigen Restaurant zu vermeiden, fragen wir Themelos, oder kurz Theo wie er sich nennt, unseren netten Wirt an der Rezeption, der auch gleich einen Tipp
bereithält: “Geht zu Niki´s Gefseis, die haben traditionelle griechische Küche, da gibt es alles“, wobei der Name erinnert mich schon an Oi Gefseis tou Manoli auf Lipsi, also mit den Aromen und
Geschmäckern haben sie es wohl hier auf den Dodekanes Inseln. Geschmack ist ja schon mal ein gutes Motto, wenn ein Koch sich damit befasst.
Viel Zeit auf Kalymnos bleibt uns nicht, und so beschränken wir uns auf einen Bummel durch den lebhaften Hafenort, wir schlendern los, die Straße vom Hotel hinunter zur Hafenpromenade, und schon nach ein paar Metern stolpern wir in einer Seitengasse in die erste „Sponge Factory“, wo gerade eine deutsche Reisegruppe abgefrühstückt wird. Der Laden ist voll, und wir bekommen noch gerade das Ende des Verkaufsvortrags mit, inkl. Informationen über die ursprüngliche Form und Farbe der Schwämme, etc.. Dann kann man sich bedienen, alles so schön gelb hier, und an der Kasse bezahlen, und sich wundern, dass so ein kleines Tütchen mit 3 bis 4 Schwämmen mit rund fünfzig Euro zu Buche schlägt. „Was? Fünfzig Euro? Na komm, ist egal, jetzt haben wir wenigstens unsere Mitbringsel beisammen.“ Preiswert geht anders. Schnell raus hier.
Die Restaurants und Cafés an der Uferstraße sind noch recht leer, die wirklich griechische Atmosphäre, die ich mir für Kalymnos erhofft hatte, hält sich in Grenzen. Das O Pantelis, was wir uns eigentlich ausgeguckt hatten, hat geschlossen. „Problems“, sagte uns Theo. Einige Lokalitäten erinnern mit ihren in Badehosen spärlich bekleideten Gästen eher an Mallorca. Alles sehr touristisch hier. Der Blick über den Anleger auf das Häusermeer hat schon etwas, was einen amerikanischen Touristen spontan zu der Äußerung veranlasst: „Wow, I have never seen houses so close to each other!“ Und fast jeder Kiosk hat auch noch ein paar olle Schwämme mit im Programm.
Auf dem Lageplan der Visitenkarte, die Theo uns mitgegeben hat, können wir Niki´s Restaurant nicht wirklich genau ausmachen, in der Main Road am vierten Anleger soll es sein. Aber der Hafen wurde in den letzten zwei Jahren komplett umgestaltet, die alten Anleger abgerissen und durch neue Betonmolen ersetzt. Ziemlich versteckt finden wir es dann doch fast am Ende der Promenade. Und wenn die Menükarte schon verspricht, „man wird durch die Aromen reisen wie in alten Zeiten…“, kann es so schlecht nicht sein.
Das Lokal gefällt uns, Schwarzweißfotos an der Wand erinnern an die Schwammtaucher in ihrer einfachen Ausrüstung und die Mühen der Arbeit, sehr stimmungsvoll.
Etwas überrascht sind wir, als uns die Bedienung auf Deutsch anspricht, er heißt Mikés. Seine Familie stammte aus Rhodos, aber er ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, „In Menden, im
Sauerland, bis ich Zwölf war“ wie er uns erzählt. Dann ging die Familie zurück nach Griechenland, und er kam nach Kalymnos, ein netter Typ. Ja, es sind immer wieder die kleinen Begegnungen, die
das Reisen so interessant machen. Die Speisen sind bodenständig, lecker und günstig, wie die Moussaka oder und das Giouvetsi mit Kritharaki, so wie die traditionelle Küche es kennt, der Ellenikos
Kafes in der Tonino Lamborghini Espressotasse passt dann aber doch nicht so ganz zum Metaxa im Cognacglas.
Wir genießen den Abend, beobachten die BlueStar beim Anlegen und schlendern anschließend satt und zufrieden durch das inzwischen verwaiste Hafengebiet ins Hotel.
Auch der nächste Morgen zeigt uns, dass es im Hafen von Kalymnos wieder recht touristisch zugeht. Wir warten auf die Fähre, vertreiben uns die Zeit, die nächste „Sponge-Factory“ in Anlegernähe empfängt ihre Gäste, die von Kos für einen Tagesausflug herüber kommen, Tjaereborg lässt grüßen, die Reisezeit ist in vollem Gange. Wir reisen dann lieber nach Nisyros ab.