ATHEN - Sept. 2019

„Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“ So könnte das Motto unserer diesjährigen Kykladenreise lauten, aber ganz so war es dann doch nicht. Gut, mit dem Sturm zu Beginn der Reise konnte man nicht rechnen, er hielt uns einen Tag zu lang in Piräus fest, aber dass zum Ende hin auch noch Streik angesagt war, das war schon bedauerlich, gerade an unserem geplanten Abfahrtstag von Serifos nach Piräus war die Seeleutegewerkschaft beteiligt. So mussten wir unseren Aufenthalt auf Serifos nochmals um einen Tag verkürzen, um rechtzeitig zum Abflug in Athen eintreffen zu können. Dass dann doch nicht alle Fähren streikten war für uns leider nicht ersichtlich, die innergriechischen Fähren, die an diesem Tag nicht von Piräus abfuhren, gingen trotzdem, so z.B. die Dionysios Solomos oder der Sifnos Jet. Egal, der Speedrunner bringt uns vorzeitig sicher zurück nach Attika, vorbei an der merkwürdigen Insel Agios Georgios, deren Windkraftanlage im Sonnenuntergang eine einzigartige Silhouette bildet. Eine Insel ganz für den Wind, wer hätte gedacht, dass so etwas in Griechenland möglich ist? Natürlich ist die Insel unbewohnt, denn schon kleinere Windparks stoßen bei den Einwohnern auf Widerstand.

Im Abendlicht erreichen wir den Hafen von Piräus, das Taxi bringt uns schnell ins Hotel, die Restaurants Mermigas und Barbadimos in unserem Blickfeld sind zu gut besucht, daher muss die Zeit für einen kleinen Gang durch die Plaka und einem Imbiss beim Thanasis reichen, und die Laune auch. Ja, Athen brummt, auch noch Ende September.
Interessant vielleicht, dass das Ecklokal Giouvetsakia an der Adrianou – Kidathineon seine Speisekarte komplett umgestellt hat. Da wo alte Griechenlandfahrer bei einem Athenbesuch traditionell ihr erstes Souvlaki bekommen haben, wird heute nur noch Fisch serviert. Es nennt sich nun Kosnikon.

Und von Krise sowieso keine Spur mehr, viele Geschäfte, die ich noch als Ruine kenne, sind heute restauriert, Eisläden mit extravaganten Waffelkreationen und merkwürdige Läden für andere Süßigkeiten sind eingezogen. Das Ganze hinterlässt natürlich allabendlich seine Spuren, und das, was die gute Müllworkerin da zusammenpackt ist nicht die Ausbeute einer Woche, sondern das alltägliche Pensum, wie wir am nächsten Abend feststellen werden.

Am nächsten Morgen werden wir gegen 7 Uhr unsanft geweckt, die ersten Demonstranten stimmen ihre Sprechchöre direkt neben unserem Hotel an, die Streikdemonstrationen beginnen recht früh. Immerhin können wir so endlich unseren Plan verwirklichen, das Stavros Niarchos Kulturzentrum zu besichtigen, aber natürlich fährt wegen des Generalstreiks auch nicht der SNFCC-Shuttlebus vom gesperrten Syntagmaplatz ab, mit Müh und Not erwischen wir trotz des Busstreiks ein Taxi. Imposant ist der Bau des Architekten Renzo Piano schon, auch wenn das Wetter nicht richtig mitspielt, es ist bewölkt und es fängt auch an zu Regnen. Ein paar Schulklassen nutzen die Location für ein paar Selfies, ein Blick in die Nationalbibliothek und die Leseräume vermittelt uns einen Eindruck von der Größe und architektonischen Qualität dieses Gebäudes.

Alle dreißig Minuten starten die musikalischen Wasserspiele, Fontänen im Kanal bewegen sich musiksynchron und ziehen die Blicke der Besucher auf sich.  Die Nationaloper ist leider nicht zu besichtigen, und auch der Aufzug zum Dachgeschoss, dem sog. „Lighthouse“ ist wegen Event-Aufbauarbeiten gesperrt. Daher nehmen wir den Fußweg am Kanal entlang und bewegen uns von hinten durch die Gartenanlage, die quasi als Rampe angelegt ist, und die das begrünte Dach des Kulturzentrums bildet, zur höchsten Stelle des Gebäudes. Von hier hat man einen tollen Ausblick auf Piräus, den Yachthafen und Faliro.

Es regnet sich ein, ein umfangreiches Tiefdruckgebiet überquert Griechenland. Wie wir später lesen, haben schwere Unwetter mit Sturm, unzähligen Blitzen und sogar einem Tornado in Griechenland Schäden verursacht, auf der Peloponnes wurden sogar zwei Menschen vom Blitz erschlagen. Ganz so schlimm ist es in Athen dann zum Glück doch nicht, aber der Dauerregen hat die Demonstrationen zum Erliegen gebracht, er hält bis zum Abend an. Wir vertreiben uns die Zeit nochmals mit einem Bummel durch die Plaka, als das Wetter wieder besser geworden ist, zu den historischen Stätten und zum Sonnenuntergang dann auf den Areopag. Wie könnte eine Griechenlandreise stimmungsvoller enden?


RICHIS KYKLADENFIEBER